Der Ringfuchs Wrestling Podcast

Wieso ist Wrestling so großartig? Und warum so schlimm?

In der Schranne wird noch abgecatcht!

Dinkelsbühl. Mittelfranken. Ein Traum von Altstadt an der „Romantischen Straße“, deren Geschäftssitz sich nicht ganz zufällig auch in eben jenem Dinkelsbühl befindet.

Zum ersten Mal in meinem Leben führte mich mein Weg dorthin – ins märchenhafte Mittelfranken. Vorbei an Orten wie Rothenburg ob der Tauber und Feuchtwangen. Der Grund? Natürlich: Catch!

Tatsächlich war ich vor etlichen Jahren schon einmal bei der GWP, aber wenn ich an Wrestling denke, verschlägt es mich generell doch eher selten nach Bayern. Da mein guter Freund STRIGGA allerdings schon vor Monaten seinen Trip einplante – und es noch Karten gab –, machte ich mich kurzerhand auch auf den Weg. Während für den Abend eine Houseshow der wXw geplant war, hieß es am Nachmittag: IWI – State of the Union.

Die Independent Wrestling Innovation (IWI) veranstaltet seit 2022 primär in Bayern und Hessen und ist oft dort unterwegs, wo die wXw nicht hinkommt. Ob Amberg, Eichstätt oder Kassel-Calden – die IWI ist vor Ort und sucht sich dafür auch sehr ansprechende Locations aus.

In Dinkelsbühl waren wir für den Catch in der wunderbaren „Schranne“, einem alten Kornspeicher, der uns passenderweise vor den hohen Temperaturen schützte, die draußen herrschten.

Die Atmosphäre war freundlich, alle hatten Bock, Moderations-Maschine Dan Mallmann führte gleich bei beiden Veranstaltungen durch den Abend – und mit der dauergefährlichen Ringtreppe war gleich der Ton des Tages gesetzt.

Endlich wieder „kleinere“ Shows

Wrestling ist oft ein geschützter Raum. Jede:r kann so sein, wie er oder sie will, und den Emotionen freien Lauf lassen. Wenn man zu einer Show geht – gerade in Europa –, weiß man: Hier sind alle mit absoluter Leidenschaft dabei. Alle sind hier, weil sie Wrestling lieben, den Fans eine gute Show bieten wollen – und sich vielleicht auch ein wenig selbst finden möchten. Auch und gerade im Ring ist oft nicht alles final, insbesondere wenn es um die Charaktere der Wrestler:innen geht.

Und so war es für mich besonders spannend, nach einigen Jahren, in denen ich mit AEW und WWE Weltspitze und mit GWF und wXw Wrestling internationaler Klasse gesehen habe, auch wieder zu schauen, was daneben so passiert.

Mir ist nicht entgangen, dass sich in den vergangenen Jahren in Deutschlands Süden fast eine eigene Szene mit anderen Wrestler:innen etabliert hat, die bisweilen bis zu Fightback reicht. Einige der Athlet:innen, die ich an diesem Tag in Dinkelsbühl gesehen habe, waren mir dennoch neu.

Mehr Schnörres braucht der Catch

Klar, wenn du Matches wie Axel Tischer & Moodo vs. Nick Schreier & Laurance Roman – und dann noch Ahura vs. Elijah Blum – auf der Card hast, dann weißt du, welch wrestlerisches Topniveau du bekommst. Einen bleibenden Eindruck an jenem Abend haben bei mir aber auch folgende Wrestler:innen hinterlassen:

Kevin Kaiden gewann während der Show nicht nur das Gauntlet um den Nummer-1-Herausforderer auf den IWI World Title, sondern sicherte sich eben jenen Titel am Ende der Show auch im Main Event gegen Aaron Insane und Mexxberg. Kevin Kaiden hat einen sympathischen Look – der Obermacker Michael Kovac würde ihn auf Cagematch als amtlichen „Watz“ bezeichnen – und der geile Schnauzer ist wirklich ein geiler Schnauzer.

Sein Ringname ist natürlich ein Drama: Auch wenn „Kaiden“ wohl „Krieger“ oder „Gefährte“ bedeuten soll, erschließt sich das bei dem Gimmick nicht und wirkt eher wie ein ausgedachter Name im Create-a-Wrestler-Modus. Keine Seltenheit im europäischen Bereich (oder noch mehr bei NXT, wo Buchstaben mittlerweile auch nur noch gewürfelt werden), aber: lässt sich ja leicht beheben. Davon abgesehen kommt Kevin sehr charismatisch rüber – einen leichten X-Faktor meine ich erkannt zu haben. Und: Für fünf Jahre Ringerfahrung war das schon sehr ordentlich. Ich freue mich schon auf die nächsten Matches mit ihm.

Der Wrestler Kevin Kaiden mit Fans und Plakaten.

Heinrich Zorn hat mich ebenfalls beeindruckt. Bei ihm ist der Name Programm. Der übellaunig dreinblickende Sachse war selbst über das „Zornhub“-Schild einiger Heinrich-Ultras nicht erfreut und sieht so aus, als hätte er nur miese Tage. Dennoch: Was der erst seit 2022 im Ring aktive Zorn dort veranstaltet, ist alles andere als mies. Sein Match gegen Echo (auch hier bitte ’nen vernünftigen Namen suchen) hat auf Anhieb überzeugt, und meine Hoffnungen, nachdem ich zuvor nur via Social Media Ausschnitte von ihm gesehen hatte, wurden völlig erfüllt. Mit Zorn ist – ob seiner Grimmigkeit – auch im Comedy-Wrestling-Bereich einiges möglich. Davon ab wirken die eher dunkleren Elemente bei ihm authentisch. Sein Charakter ist in sich stimmig und bereit, die nächsten Stufen im europäischen Wrestling zu gehen.

Jessy Jay ist keine Unbekannte. Sie ist bereits seit über zehn Jahren aktiv, doch ihre Weiterentwicklung zuletzt hat mich beeindruckt. Wrestlerisch ist das mittlerweile viel sauberer, die Erzählungen im Ring ergeben mehr Sinn, und sie hat gelernt, sowohl übermächtige Übeltäterin zu sein als auch sich im passenden Moment als Underdog verletzlich zu zeigen. Jay ist keine geborene Wrestlerin, ihr Weg ebnete sich nicht von selbst – aber nichts spricht dagegen, als weiblicher Entwurf zu Kevin Steen (Kevin Owens) eine gute Karriere zu machen.

Jessy Jay vs. Jane Nero.

Zu guter Letzt ist da noch Dieter Schwartz. Der Sachse war schon regelmäßig bei Fightback, doch an jenem heißen Samstag in Dinkelsbühl konnte ich Schwartz zum ersten Mal live in einem wXw-Ring sehen. Hoffentlich nicht zum letzten Mal, denn was Dieter – der mich ein wenig an Timothy Thatcher erinnert – hier ablieferte, konnte sich absolut sehen lassen. Gemeinsam mit dem European Champion Al-Ani, der mit seiner Rückkehr zur wXw direkt wieder in die Phalanx der Großen aufrückte, präsentierte Schwartz dem Publikum ein technisch sehr ansprechendes Match, das Lust auf mehr macht.

Was bleibt?

Rein nüchtern betrachtet könnte das das Fazit zu Dinkelsbühl sein. Doch was bleibt – fernab davon – im Kopf und Herzen hängen?

Live-Wrestling ist einfach geil. Nicht alles gelingt, hin und wieder gehen Spots daneben, der ein oder andere Charakter wirkt noch sehr hölzern, so manche Promo eher wie ein einstudiertes Theaterstück am Gymnasium, und bei der Benutzung der unbeständigen Ringtreppe hielt man jedes Mal den Atem an.

Aber: Am Ende geht man zufrieden aus der Halle, hat etwas zu erzählen – und weiß, dass alle Beteiligten mit Herzblut bei der Sache waren.

Schön.

 

Übrigens: Die komplette Show IWI– State of the Union findet hier:

Die nächste Show der IWI findet am 14.06. in Kassel-Calden statt. Tickets gibt es unter diesem Link.

 

Weiter Beitrag

Antworten

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

© 2025 Der Ringfuchs Wrestling Podcast

Thema von Anders Norén